Dienstag, 29. September 2009

Mika turned 30 in our new home!


Our new home in a little French mansion in the center of Angers!

View from our window

Game of boules with my sister, her boyfriend and my father

My parents



Walk in the garden at the end of the day...

Charlie's Leidensweg


Hallo Ihr Lieben!
Jetzt ist es schon so lange her, und so viel ist passiert! Gut zwei Monate und die Welt sieht schon wieder ganz anders aus! Sowohl bei Euch, als auch bei uns. Aber was muss das erst für Charlie bedeuten!?
Bevor Ankie ein paar Fotos reinstellt, berichte ich kurz, was sich bei uns inzwischen so ereignet hat, und warum wir auch lange nichts von uns hören lassen haben. Wahrscheinlich werden den Blog jetzt noch weniger Leute lesen als vorher, aber zumindest kann ich mir meinem Blogabonnenten in Aoteaora sicher sein (dem ich die Neuigkeiten nachher allerdings sowieso per Skype aufs Ohr drücke (haben noch keine Kamera) :-)).
Also wo anfangen? Vielen lieben Dank auf jeden Fall für Eure lieben Päckchen, die uns inzwischen in

30 rue de la Barre
49000 Angers

erreicht haben. Demnächst kommen auch Kärtchen nach Dresden, Erfurt, Essen... und vielleicht auch nach down under geflogen, aber die wollen erst ausgedruckt werden, und da wir technisch und zeitmäßig immer noch nicht im Überfluss ausgestattet sind, dauert das noch ein kurzes Stück.
Die letzten Wochen waren doch sehr anstrengend für uns. Darum blieben auch so einige Mails unbeantwortet. Abgesehen von den ganzen "normalen" neuen Aufgaben, Pflichten und auch Freuden des Elternseins hatten wir (und in erster Linie Charlie) das Pech, dass die kleine Bockwurst von enormen Bauchschmerzen geplagt war. Das damit verbundene, wirklich ständige Nängern und Weinen hatten wir zuerst als normal angenommen und haben versucht, ihn gemäß unseren Möglichkeiten und Kräften zu beruhigen. Mit Brust oder straffem Marsch und deutschem Gesang hat das auch noch gerade so funktioniert, aber Charlie auch nur eine Minute alleine irgendwo liegen zu lassen war unmöglich. Jetzt im Nachhinein wird mir bewusst, dass die alte Schule Charlie wohl ohne zu Zögern als "Schreikind" bezeichnet hätte (und ich hatte Angst, ein solches zu bekommen...), auch wenn wir ihn durch unsere Bemühungen einigermaßen ruhig halten konnten. Im Nachhinein fühlen wir uns auch mehr als froh und bestätigt, nicht auf Ratschläge gehört zu haben, die uns nahe legten, ihn einfach schreien zu lassen. (In jedem Fall wäre das jedem halbwegs gutmütigen Menschen nach einer Minute unmöglich gewesen.)

Ostéopathie
Denn als wir nach gut sechs Wochen an den Rand der Strapazierfähigkeit unserer Brüste, Rücken, Stimmen und Nerven angelangt waren, entschieden wir uns, einen Ostéopathe (eine Art Chiropraktiker) aufzusuchen, wie man es uns im Krankenhaus empfohlen hatte. (Ich schreibe diese ganze Geschichte auf, um natürlich in erster Linie ein bisschen Mitgefühl und Verständnis zu erheischen, aber auch deswegen, weil eventuell noch andere nach uns diese Erfahrungen machen werden, und wir jetzt wissen: Es gibt immer einen Grund, wenn ein Baby schreit!)
Obwohl diese Heilpraktiker in Frankreich nicht anerkannt und somit auch nicht von der Kasse bezahlt sind, meinte man im Krankenhaus, dass eigentlich jedem Baby ein Besuch bei einem solchen Typen gut tun würde. Und tatsächlich - die 50 Euro würde ich ihm jederzeit wieder mit einem breiten Grinsen im Gesicht in die Hand drücken, zusammen mit einem riesigen Blumenstrauß. Zwar hat Charlie während der Behandlung 20 Minuten durchgeschrien wie ein Schwein vor dem Schlachtefest (was einen schon erst einml an der weißen Weste dieses grauen Heilers zweifeln lässt), aber die Tage danach war er nicht wiederzuerkennen, und auch er konnte die Welt erst einmal mit anderen Augen betrachten.
Grund des ganzen Malheurs war Folgendes: Bei der Geburt hatte sich das rechte Schläfenbein blockiert (und eben aufgrund solcher wohl nich unüblichen Gelenk- und Knochenblockaden bei vor allem etwas schwierigeren Geburten empfiehlt man generell den Besuch eines Ostéopath (auch wenn sie offiziell nicht anerkannt sind...)). Der gute Mann erklärte uns, dass dadurch in der Regel ein Nerv blockiert wird, der für die Verdauung zuständig ist, was somit Blähungen und Koliken zur Folge hat. Bei uns war das offensichtlich der Fall, und ob man nun daran glauben mag, dass Babys häufig mit der rechten Seite Probleme haben, wenn etwas mit dem Vati nicht stimmt (immerhin war ich nicht einmal ein Drittel der Schwangerschaft präsent) ist eine andere Frage. Aber ich halte es nicht für abwegig.
Jedenfalls war Charlie nach sieben Wochen (die Behandlung brauchte, wie angekündigt eine Woche, um Wirkung zu zeigen) wie ausgewechselt, und wir waren schockiert, wie einfach Elternsein eigentlich ist. Leider hat sich diese Blockierung aus irgend einem Grund bald wiederholt, und die ganze Sache ging von vorne los. Aber ein zweiter Besuch bei unserem Retter für nur 40 Euro lassen uns nun den Spätsommer rosig erleben.

Plädoyer
Wenn ich daran denke, wie viele "Schreikinder" als solche abgetan wurden und werden, die angeblich ohne Grund schreien (was für ein absurder Gedanke!), bin ich froh, dass wir sowohl die finanziellen als auch die intellektuellen und sozialen Vorraussetzungen hatten, uns nicht mit einer solchen Pseudoerklärung abfüttern zu lassen. Schade für alle Kinder, die nicht dieses Glück haben!
Und noch eins liegt mir in diesem Zusammenhang auf dem Herzen: Es ist richtig, dass Kinder, die man schreien lässt und nicht auf den Arm nimmt, um sie zu trösten, irgendwann einmal aufhören mit Schreien. Oberflächlich gibt es den Verfechtern dieser Methode recht, doch was ist in Wirklichkeit passiert: Das Kind hat verstanden, dass es mit seinem Problem allein dasteht, und dass es mit dem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nichts tun kann, um sich selbst Erleichterung zu verschaffen oder jemanden dazu zu bewegen, dies zu tun. Eine sicherlich prägende Erfahrung, die Menschen schafft, die auch in Zukunft immer schön kopfsenkend ihren Mund halten, wenn ihnen irgendwo der Schuh drückt. Natürlich müssen einem im Gegensatz dazu Kinder, die in (schweren Momenten) ihrer Kindheit Beistand und Liebe erfahren haben (z.B. in Form von in-den-Arm-nehmen) als unbequem und verwöhnt vorkommen, wenn sie sagen, was ihnen nicht gefällt. Charlie wird auf jeden Fall kein Schaf, also macht Euch auf was gefasst !-)

NebenbeiDer Rest ist schnell erzählt: unsere neue Wohnung ist klein und süß, unser gebrauchter Renault Kangoo groß und praktisch (nur 2000 Euro!) und seit dem Wochenende haben wir Internet und sind nun tatsächlich über Skype zu erreichen (nochmals: beckertmichael). Unser französisches Handy hört auf die Nummer 0033-6 67 83 94 21, mein deutsches habe ich nur noch ganz selten an.
Ankie hatte bis jetzt zwei Vorstellungsgespräche, und das zweite lief sehr gut. Wenn sie den Job bekäme, wären wir sehr glücklich darüber und würden entgegen unsere ursprünglichen Pläne für eine ganze Weile länger hier bleiben. Das ständig Umherziehen hätte ein Ende, und das wäre wahrscheinlich nicht nur für Charlie besser. Aber später mehr dazu!
Ich habe die letzten Wochen mein Studium vergessen gehabt, und das stört mich nicht sehr. Zu Ende machen werde ich es aber wohl doch - in aller Ruhe und in Etappen, die ich gleichzeitig für Aufenthalte in der Heimat nutzen kann. Sonstige Beschäftigungen: Wenn Ankie arbeiten sollte, freue ich mich mit Charlie zu Hause bleiben zu können. Von da aus könnte ich mich auch mit dem Verein beschäftigen, den wir eventuell gründen wollen, um Jugendaustausche für den Europäischen Freiwilligendienst zu organisieren. Zum Ausgleich bin ich in einen Kayakclub eingetreten, wo ich sogar die Jugendlichen für eine Polomannschaft betreuen darf (ehrenamtlich).
Ankie ist so schön wie vorher und Charlie schöner wie wir beide zusammen. Aber darüber erzählen ja Bilder mehr als 30.000 Worte...
Zu guter letzt: Nun, da sich alles ein bisschen normalisiert und eingeregelt hat, sind wir auch bereit, Besucher willkommen zu heißen. Vielleicht aber nicht mehr als zwei Personen gleichzeitig, außer wenn Ihr Lust habt zu zelten. Mitte Oktober genießen wir außerdem meine Mutti bei uns.

Erstmal ganz ganz liebe Grüße, wir drücken Euch, glücklich und erschöpft, Eure famille de putsis :-*

Rose résistance, en pieds