5 Putsis: Robin(7), Rose (8), Charlie (10) and their parents Ankie (38) and Michael(40)! A French German Family volunteering during 2 years around the world: USA, Mexico, Peru, Chile, Argentina, Brazil, Bali, NZ, Australia, SEA and back home via China, Mongolia and Russia with the Transsibirian train. #worldschooling #family #travelwithkids #voyage #famille #Reisen #Kinder #Familie #ief #freelearning #freilernen #volunteer
Freitag, 3. Juli 2020
Donnerstag, 2. Juli 2020
1. Vorbereitend Sprachen lernen?
Ja, die ganz normale Familie
sind wir in der Tat nicht. Aber auch wenn es diese vielleicht
irgendwo auf der Welt gibt, ist es sehr unwahrscheinlich, dass es nun
gerade deine ist. Und wenn du dich entschieden hast, in dieses Buch
mit diesem Titel einzulesen, ist dies ein Hinweis darauf, dass du
(und deine Familie) ein Stück in die gleiche Richtung von der
Normalität entfernt bist wie wir. Und dass du eventuell nicht nur
ein Interesse daran hast, dich über das von uns Erlebte zu
informieren, sondern auch, dich davon inspirieren zu lassen.
Zu inspirieren ist die Absicht
dieses Reiseberichts. Und wenn es auch Umstände in unserem
(Familien-) Leben gab und gibt, die ein solches Projekt einfacher zu
verwirklichen scheinen lassen als in deinem eigenen Leben, behaupte
ich doch, dass jedes Projekt (innerhalb der gegebenen Grenzen)
möglich ist, wenn du fühlst, dass es das ist, was du möchtest.
Die Vorbereitung ist Teil des
Projektes. Und ich denke, wenn diese natürlich und mit Freude
geschieht, sind wir auf dem richtigen Weg. Sollte die Vorbereitung
aber anstrengend und unerwünscht erscheinen, ist das vielleicht in
Zeichen dafür, dass der eingeschlagene Weg mehr oder weniger
„erzwungen“ gewählt wurde…
Wenn ich tatsächlich zum
ursprünglichen Beginn meiner persönlichen Vorbereitung auf diese
Reise zurückgehen möchte (damals hatte ich weder Kinder noch kannte
ich meine Partnerin), würde ich doch sagen, dass ich das große
Glück hatte, mit 9 Jahren in der Schule Russisch lernen zu müssen
bzw. zu dürfen. Ich gehöre zum vorletzten Jahrgang, der in der DDR
noch Russisch als erste Fremdsprache gelernt hat. Und auch wenn ich
damals das Schulfach Russisch genauso mochte wie alle anderen
Schulfächer, nämlich „nicht so sehr“ (außer Sport), bin ich
doch heute sehr dankbar für diesen Umstand.
Dies einzugestehen scheint dem
zu widersprechen, wie ich heute lebe und was ich meinen eigenen
Kindern anbiete, nämlich sogenanntes „homeschooling“,
„unschooling“, im Rahmen des Reisens auch „worldschooling“
oder, wie ich finde am besten ausgedrückt: „Freilernen“. Ich
hoffe, dass ich im Laufe dieses Berichtes erklären und illustrieren
kann, warum ich heute als studierter Lehrer beim Freilernen
angekommen bin und warum ich diesen Weg auch weiterhin für
erstrebenswert halte.
Sprachen sind für mich ein
sehr wichtiger Teil des Reisens, und vielleicht macht das sogar den
Unterschied zwischen Tourismus und wirklichem Reisen aus. Als Tourist
schaue ich mir eine andere Kultur an. Als Reisender tauche ich in die
Kultur ein. Und um dies zu tun, ist die entsprechende Sprache als
Kommunikationsmittel eigentlich unumgänglich. Zwar gibt es auch
andere Möglichkeiten, sich mit den Menschen einer anderen Kultur zu
verständigen, die gesamte sogenannte nicht-verbale Kommunikation wie
Mimik und Gestik, aber ich finde, dass Sprache einen sehr großen
Teil der menschlichen Kultur ausmacht (manche würden sogar sagen,
dass sie die Essenz der Kultur ist) und uns darum auch enorm viel
darüber vermittelt.
Ich muss zugeben, dass ein
Hauptziel der Reise für uns als Eltern relativ profan und
pragmatisch war: Unsere Kinder sollten Englisch und Spanisch lernen.
Erst ganz am Ende, vielleicht sogar am letzten Tag vor dem Beginn
unserer Heimreise, habe ich einen Hindu in Phnom Penh getroffen, der
mich mit einer einfachen Frage und einem darauf folgenden Ratschlag
dazu gebracht hat, den Selbstzweck des Sprachenlernens komplett und
nachhaltig anzuzweifeln: Da wir vorgehabt hatten, auch nach Indien zu
Reisen, hatte ich auf duolingo.com angefangen, fleißig Hindi
zu lernen. Stolz holte ich dann ein paar von mir gelernte Brocken
heraus, um Sham, den besagten Hindu zu beeindrucken. Die meisten
anderen Reisenden wären geschmeichelt und erfreut gewesen, jemanden
zu treffen, der sich die Mühe gemacht hat, ihre Sprache zu erlernen.
Diesmal schien das aber nicht der Fall zu sein, denn Sham fragte mich
nur ungerührt: „Ach, du warst also schon in Indien?“ Als ich ihm
dann etwas verunsichert aber in dem Bemühen, meinen Stolz weiterhin
gerechtfertigt erscheinen zu lassen erklärte, dass wir noch nicht
dort waren, dies aber noch vorhaben und ich darum als Vorbereitung
Hindi auf duolingo lerne, riet er mir von einem solchen
„vorausschauenden“ Bemühen ab, mit der Begründung, dass ich
alles genau in dem Moment lernen würde, wenn ich es brauche.1
Und in der Tat: Bis dahin
hatte ich schon sehr viel Zeit investiert, auf duolingo
Chinesisch und Hindi zu lernen. Beides konnte ich aber aufgrund der
Covid-19-Reisebeschränkungen nicht in den jeweiligen Ländern
anwenden. Im Moment frische ich gerade wieder mein Russisch auf. Aber
ob wir in zwei Monaten tatsächlich die Möglichkeit haben werden,
doch noch nach Russland zu reisen, ist ziemlich unsicher.
Zeitverschwendung also!? Zeit, die ich vielleicht besser nutzen
könnte, um im Hier und Jetzt zu leben. Anstatt mich
prophylaktisch aus „Besorgnis“ um eine „reibungslose“,
„gewinnbringende“ und „austauschreiche“ Kommunikation im
Gastland abzumühen.
Andererseits empfehle ich
duolingo.com immer noch leidenschaftlich, denn ich denke, dass
ich auch Dank dieser kostenlosen Sprachlernseite so schnell Spanisch
(und Portugiesisch) erlernen konnte, dass ich am Ende unseres
Aufenthalts in Lateinamerika sehr interessante Gespräche über
Erziehung, Politik, Philosophie usw. führen konnte, selbst wenn ich
noch weit davon entfernt war, fließend oder fehlerfrei zu sprechen.
Ja, das ist es, was ich dabei
gewonnen habe, meine Zeit im Netz und auf duolingo zu
verbringen. Aber ich habe keine Ahnung davon, was ich dabei verloren
oder verpasst habe. ;-)
Auf jeden Fall kann ich
selbstkritisch eingestehen, dass ich mein Ego durch das Aneignen von
Sprachkompetenzen aufbaue. Diese mache ich mehr und mehr zu meiner
Spezialität. Und sogar auf die Sprachkompetenzen meiner Kinder bin
ich stolz. Was 'ne Eitelkeit!
1Das
deutsche Wort eitel und das englische idle haben
dieselbe Wurzel. Während wir im deutschen eitel oft als
Synonym von “stolz” benutzen können, bedeutet idle im
Englischen u.a. “nutzlos”.
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